Um Ihnen die Zeit vor 70 Jahren ein wenig
ins Gedächtnis zu rufen, einmal kurz folgende Zahlen:
Vor 70 Jahren kostete ein 2 kg-Brot 98
Reichspfennig, wenn es subventioniert war, und 1,30 Reichsmark, wenn es
nicht subventioniert war. ein Brötchen kostete 6 Reichspfennig. , Einen
Liter Milch bekam man für runde 20 Reichspfennig und eine Bahnfahrt hin-
und zurück von Erzhausen nach Darmstadt kostete 80 Reichspfennig. Der
Stoff für ein Kleid, wenn es welchen gab, schlug mit 12 bis
18 Reichsmark je nach Stoffart zu Buche. Der Stoff für eine Schürze, die ja tagtäglich
benötigt wurde, kostete rund 7 Reichsmark.
Es war sicher keine einfache Zeit,
aber es war eine Zeit des Ärmelhochkrempeln. Alle packten mit an, auch
die Frauen, die waren es ja gewohnt durch den Krieg, als die Männer noch
an der Front waren, vieles selbst zu organisieren. Und es gab jede Menge
Situationen wo es Hilfesuchende und Helfende gab. Besonders auch im sehr
harten Winter 1946 auf 1947.
In dieser Zeit haben sich 30 Frauen
und Männer in Erzhausen zusammen getan und den Ortsverein der AWO ins
Leben gerufen. Anmeldungen wurden ausgefüllt und Monatsbeiträge von 50
Pfennig entrichtet. Die erste Vorsitzende war Lina Berck. Erste kleine Aufgaben wurden übernommen.
Jeweils zwei Frauen kochten für Schulkinder Kakao, den die Amerikaner spendeten. Die
Milch kam vom Bauer Thomas.
Die ersten Treffen der Erzhäuser
AWO-Mitglieder waren im Gasthaus „Erzhäuser Hof“ Dann traf man sich im Sozialraum der
Lessingschule und später dann im Seniorentreff des Rathauses.
Weitere Aktivitäten hier im Ort waren
Krankenbesuche, Handarbeitsstunden und helfen, wo es am nötigsten
gebraucht wurde.
Bereits in den 50er Jahren, als Frau
Elisabeth Lorenz 6 Jahre die Vorsitzende war, wurde die
Kinderverschickung und den in den 60er Jahren Erholungsaufenthalte für
ältere Menschen organisiert. Begonnen hat alles mit Erholungszeiten für
Erzhäuser Schulkinder in Ernsthofen im Odenwald.
In den nächsten Jahren wuchs die
Mitgliederzahl ständig, die Aufgaben wurden vielfältiger, man konnte vor Ort einiges bewegen und
arbeitete auch auf Kreisebene mit.
1959 übernahm Frau Elisabeth
Hellriegel den Vorsitz. Aus den Berichten geht hervor, daß sich Frauen
weiterhin zu Strickabenden trafen. Aber es gab nun auch andere
Aktivitäten. Kranke und Wöchnerinnen wurden besucht. Konfirmanten
bekamen zu ihrem Ehrentag Geschenke.
Als 1945 wieder ein schrecklicher
Krieg zu Ende war, fanden sich Männer und Frauen, die praktische Nächstenliebe auf ihre
Fahnen geschrieben hatten und auch ausübten.
Schon im Januar 1946 entstand in ganz
Deutschland die AWO neu. Nach all den Jahren der politischen und
rassistischen Verfolgungen, dem Elend des unheilvollen Krieges, des
Sterbens so vieler Menschen, den Vertreibungen, der Vernichtung ganzer
Lebensräume, der Wohnungsnot und des Hungers war ein Überleben ohne
Wohlfahrtsverbände, zu denen auch die Arbeiterwohlfahrt gehört, nicht
möglich.
Sie wurde ein fester Bestandteil in
unserer Gesellschaft und wird auch in Zukunft unverzichtbar bleiben.
Dafür sprechen die über 400.000 Mitglieder und weit über 100.00 ehrenamtlichen Helfer
bundesweit.
Seit einigen Jahren findet man die
Erzhäuser Frauen der Arbeiterwohlfahrt alljährlich in der Weihnachtszeit
auf dem Wochenmarkt. Hier werden unter anderem köstliche Marmeladen und
Gelees sowie die beliebten handgestrickten Strümpfe zum Verkauf
angeboten.
Der Erlös kommt jedes Jahr
verschiedenen Einrichtungen und Hilfsbedürftigen in Erzhausen und
Umgebung zu Gute. Bereits seit mehr als 40 Jahren werden die
SOS-Kinderdörfer unterstützt. Unter großem Arbeitsaufwand werden
jährlich zu Weihnachten viele Sach- und Geldspenden an ältere
Mitglieder, Mitbürger, Kranke und Bedürftige verteilt.
Von 1998 bis zum Jahre 2010 leitete
Frau Elisabeth Luley unseren Ortsverein sehr engagiert und erfolgreich.
Sie arbeitete auch im Kreisvorstand verantwortlich mit.
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Ihrem Engagement sind die gemütlichen
und unterhaltsamen Sommerfeste zu verdanken, die jährlichen
Ausflugsfahrten und die gelungenen Marktstände in der Vorweihnachtszeit.
Ihr gelingt es auch immer wieder neue Mitglieder zu werben.
Danach übernahm dann Frau Monika Heinz
den Vorsitz unseres Ortsverein und führt ihn mit viel Engagement bis
zum heutigen Tag.
Am 13. Septemer 2013 wurde von Frau
Bettina Dohn dann das „Terrinchen“ ins Leben gerufen. Im Terrinchen wird
alle 14 Tage freitags im Seniorentreff Erzhausen ein Mittagessen angeboten.
Unsere ehrenamtlichen Helfer stehen
frühzeitig in der Küche des Seniorentreffs und bereiten die leckeren Gerichte zu.
Nach vorheriger Anmeldung kann jeder Mitbürger einen schmackhaften
Eintopf, ein Dessert und ein Getränke genießen.
Im Jahre 2014 fand in Erzhausen die
750 Jahre Feier unseres Ortes statt. Beim „Unnerdorffest“ am 29.6.2014 war
der Ortsverein mit einem eigenen Stand und selbst zubereitetem Essen
dabei und trug so zu einem rundherum gelungenen Fest bei.
1965 wurde Frau Julie Gaida erste
Vorsitzende. Der Ortsverein hatte inzwischen 176 Mitglieder, also etwa
genauso viele wie heute. Noch immer war das wöchentliche Treffen fester Bestandteil. Andere
Tätigkeiten nahmen jedoch zu. Durch Landesammlungen wurde Geld für die
vielfältigen Aufgaben der Arbeiterwohlfahrt gesammelt, immer mit guten
Ergebnissen. Erste Kuren für ältere
und kranke Mitbürgen sowie für Kinder und Mütter wurden angeboten. In
der Weihnachtszeit konnten nun auch an ältere, kranke und behinderte
Mitbürger kleine Geschenke verteilt werden.
15 Jahre war Frau Gaida Vorsitzende
der Erzhäuser AWO, eine respektable Zeit. Unterstützung hatte sie
natürlich durch Männer und Frauen aus dem weiteren Vorstand und der Mitgliederschaft, so wie das
auch noch heute in unserem Ortsverein üblich ist.
Ihre Nachfolgerin wurde 1980 Frau
Margarete Wurm, die 12 Jahre die Geschicke des Ortsvereins leitete.
Unter ihrer Ära wurden die ersten Ausflugsfahrten organisiert, wurden
Weihnachtsfeiern für ältre Bürger im damals neuen Bürgerhaus angeboten,
die unter Mithilfe der örtlichen Vereine gestaltet wurden. Die
Gemarkungsrundgänge wurden eingeführt und die Arbeiterwohlfahrt
versorgte die Teilnehmer mit belegten Brötchen und warmen Tee und
verteilte mittags eine Suppe. Bei der von der Gemeinde veranstalteten
Seniorennachmittagen wurde abwechselnd mit dem Ortsverein des Roten
Kreuzes Dienst getan.
In den 90iger Jahren, als Frau Rita
Stanke für drei Jahre den Vorsitz übernahm, kamen die vom Landkreis
angebotenen Theaterfahrten als Angebot für unsere Seniorinnen und
Senioren dazu. Außerdem wurden Kuren, Reisen und beliebte Fahrten nach
Südtirol angeboten. Ganz wichtig aber waren und sind die jeden Montag
stattfindenden Treffs der Montagsrunde. Hier kommt auch die Geselligkeit
nicht zu kurz. Die Bastelrunde, die sich jeweils Mittwochs trifft, hat
das ganze Jahr über zu tun, damit der Weihnachtsmarkt gut bestückt
werden kann.
Mitte der 90iger Jahre war Frau
Gertrud Ledig für knapp zwei Jahre Vorsitzende.
Immer wieder wurden im Ortsverein
Frühlings- und Sommerfeste gefeiert. die vielen Mitbürgern noch lange im Gedächtnis
blieben.
Im AWO Ortsverein wird gerne gefeiert,
so auch heute zu diesem besonderen Anlaß.
An dieser Stelle einmal ein Blick auf
die Entwicklung der Mitgliederzahlen. Im Jahr 1946 waren es die
erwähnten 30 Personen, die die Gründung bewerkstelligten. Die
Mitgliederzahl wuchs in den 50iger, 60iger ständig.
Im Jahr 1970 hatte man einen Mitgliederstand von 177 erreicht. 1980
waren es bereits 194. In den folgenden 20 Jahren stabilisierten sich die
Zahlen bei ca. 200 Mitgliedern und heute hat
unser Ortsverein 145Mitglieder.
Gegründet wurde die Arbeiterwohlfahrt
in Deutschland bereits 1919, einer Zeit größter Not nach dem 1.
Weltkrieg. Sie half Menschen die arbeitslos waren, half Frauen und
Kindern, die den Ernährer im Krieg verloren hatten. In Suppenküchen gab
es für manche die einzige Möglichkeit eine warme Mahlzeit zu erhalten.
Diese schlimme Zeit dauerte viele Jahre. 1933 dann wurde die
Arbeiterwohlfahrt von den Nationalsozialisten verboten. Das Bild von
armen Menschen passte nicht in das neue System. |