Ortskundlicher Arbeitskreis Erzhausen
Besuch im ehemaligen Konzentrationslager
Mörfelden-Walldorf
19. Oktober 2019


Text: Jörg Dohn
Bilder: Werner Schmidt
 

Bericht von Jörg Dohn (Ortskundlicher Arbeitskreis Erzhausen)
 
Am 19. Oktober hatte der Ortskundliche Arbeitskreis mit ca. 30 Teilnehmern die Gelegenheit an einer Führung über das ehemalige Gelände des Konzentrationslagers Walldorf teilzunehmen. Die sachkundige Führung leitete Frau Claudia Rühlig, u.a. ehemalige Leiterin der Mörfelden-Walldörfer Museen.

Das KZ Walldorf war ein KZ-Außenlager des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof im Elsass und bestand vom 23. August bis 24. November 1944. Dieses Konzentrationslager war Teil der sogenannten Endlösung für ungarische Juden nach der Besetzung des Landes am 19. März 1944 und den nachfolgenden Deportationen.

Die KZ-Häftlinge, ca. 1.700, zumeist junge Mädchen und Frauen zwischen 13 und 40 Jahren, leisteten Zwangsarbeit am Flug- und Luftschiffhafen Rhein-Main, dem heutigen Flughafen Frankfurt am Main. Diese Arbeiten am Flugplatz waren als „kriegsentscheidend“ eingestuft worden.

Frau Rühlig führte uns zunächst über den Lehrpfad mit insgesamt 16 Tafeln von denen sie einen Teil für ihre Erläuterungen auswählte. Der Lehrpfad um das ehemalige KZ-Außenlager Walldorf beginnt an dem im März 1980 der Öffentlichkeit übergebenen Gedenkstein. Von hier aus verläuft der öffentlich zugängliche Lehrpfad rund um das ehemalige Gelände des Lagers.

Die Baracken waren aus Holz gebaut und einstöckig. Etwa 30 - 40 Mädchen und junge Frauen waren in einem Schlafraum mit dreistöckigen Betten untergebracht. Die Gefangenen sollten auf dem Frankfurter Flughafen unter unmenschlichen Bedingungen eine betonierte Rollbahn bauen. 50 der Frauen starben im Herbst 1944 auf qualvolle Weise an Entkräftung, Krankheit oder wurden ermordet.

Am 24. November 1944 wurde das Lager in Walldorf aufgelöst, die damals noch 1650 Jüdinnen wurden in das KZ Ravensbrück transportiert. Das Kriegsende erlebten nur etwa 350 der in Walldorf inhaftierten Mädchen und Frauen.

Der Abschluss der überaus bewegenden Führung von Frau Rühlig fand im Erinnerungsmuseum statt. Dieses architektonisch sehr schön, mit viel Glas konstruierte Gebäude wurde über den Resten der berüchtigten Kellerräume errichtet. In diesen Kellern wurden häufig bei nur geringfügigen Anlässen die jungen Frauen gefoltert oder zu Tode geprügelt.

Die Freilegung der Kellerräume wurde von Schülern der Bertha von Suttner Schule in Walldorf mit viel Engagement vorgenommen. Bis heute übernehmen Klassen der Oberstufe die Verantwortung und Pflege des Geländes. Die Finanzierung erfolgte u. a. über die Margit-Horvath-Stiftung, benannt nach einer der überlebenden Jüdinnen, deren „Wiedergutmachungszahlung" nicht für sich selbst und Ihre Angehörigen verwandt werden sollte, sondern ausschließlich der Stadt Mörfelden-Walldorf in Anerkennung der geleisteten Arbeit im Zusammenhang mit der Errichtung der Gedenkstätte.

Der Ortskundliche Arbeitskreis hatte im Museum noch viele Fragen an Frau Rühlig, die ihrerseits mit viel bewegenden und aufschlussreichen Berichten über das Geschehene und den Beginn der Aufarbeitung zu antworten wusste.

Der Ortskundliche Arbeitskreis bedankte sich schließlich für die sachkundige und lehrreiche Führung und insbesondere auch für das schon über viele Jahre geleistete Engagement von Frau Rühlig im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Erhalt der Gedenkstätte.

Abschließend kamen die Teilnehmer des Arbeitskreises noch einmal im "Goldenen Apfel" in Mörfelden zusammen. Auch hier kam es noch einmal zu einem regen Gedankenaustausch über den heutigen Nachmittag sowie über die weiteren geplanten Aktivitäten des Arbeitskreises in den nächste 6 Monaten.

 

Am Beginn und Eingang der Gedenkstätte und des Lehrpfades befindet sich eine Gedenktafel:
 

Die Toten mahnen:
Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!


Führung über den Lehrpfad mit Frau Claudia Rühlig:
(zu Beginn blickten die Erzhäuser Gäste noch recht fröhlich in die Runde,
im Verlaufe der Führung wurden die Mienen immer bedrückter und trauriger)

 


Von den insgesamt 16 Tafeln auf dem Lehrpfad hier einige Beispiele:
 

 

Im Erinnerungs-Museum
Dieses Gebäude wurde über den ehemaligen Kellerräumen unter der Küchenbaracke erbaut:
 


Das Erinnerungs-Museum kann umrundet werden und bietet auch außen reichlich Informationen:
 


Nach dem Ende der Führung ging es zum Goldenen Apfel:
Hier kam es noch einmal zu einem regen Gedankenaustausch über den heutigen Nachmittag
sowie über die weiteren geplanten Aktivitäten des Arbeitskreises in den nächsten sechs Monaten.
(Auch hier waren die Gesichter immer noch sehr ernst, das
Gesehene und Gehörte war noch lange nicht verarbeitet.)

 

 


Eine sehr interessante Unternehmung mit vielen oft bedrückenden Informationen, die sicherlich noch lange
in den Köpfen der Teilnehmer lebendig bleiben werden!