Um 18:45 Uhr sollte die Veranstaltung
beginnen, doch noch war es sehr
ruhig, nur wenige Gäste waren bis zu diesem Zeitpunkt gekommen:
Doch so langsam stellten sich einige
Teilnehmer ein:
Der Gesangverein Germania Eintracht hatte
sich bereits im Kircheninnern „warmgesungen“, nun kamen die Sängerinnen und
Sänger zusammen mit ihrem Chorleiter Wolfgang Demmel heraus, Wolfgang Demmel
baute sein Keyboard auf:
Letzte organisatorische Absprachen vor dem
Beginn:
Der Hausherr Pfarrer Marcus-Stefan Großkopf
begrüßte die Gäste und reichte das Mikrofon gleich weiter an Bürgermeisterin
Claudia Lange, die sofort mit ihrer Ansprache begann:
Liebe Erzhäuserinnen und Erzhäuser,
Liebe Chorgemeinschaft Germania,
Wir sind heute hier zusammen gekommen, um an
das Ende des 2. Weltkrieges am 8. Mai 1945 zu erinnern. An diesem Tag
kapitulierte die deutsche Wehrmacht. Dieser Tag markiert damit gleichzeitig
den Neuanfang und die Befreiung von Krieg und Nationalsozialismus.
Seit 2020 haben wir in Erzhausen jährlich am 8. Mai eine Zusammenkunft vor
der evangelischen Kirche und halten inne. Hans Schmidt initiierte dieses
Gedenken, um auch hier in Erzhausen 75 Jahren Frieden in Deutschland und in
Europa zu gedenken.
An diesen Gedenktagen sind wir uns bewusst geworden, was der 8. Mai 1945 für
Erzhausen und für unsere Eltern und Großeltern in Erzhausen bedeutete.
Einerseits standen die Menschen hier vor Ort vor dem Nichts. Nicht nur
materiell. Wofür hatten sie sich eingesetzt? Wofür waren ihre Männer, Väter
und Söhne in den Krieg gezogen, teils gefallen oder in Gefangenschaft
geraten? Viele Hoffnungen und Erwartungen, viele Werte und Überzeugungen
fielen in sich zusammen.
Und dann gab es die andere Seite. Aus den historischen Dokumenten von
Erzhausen und aus den Erzählungenvon Zeitzeugen kann man die große
Erleichterung erkennen, die sich bei den Erzhäusern mit dem Ende des Krieges
verband. Die Angst vor Bombenangriffen war vorbei. Die Amerikaner kamen nach
Erzhausen. Sie wurden als Befreier dankbar empfangen. Auch wenn einige ihre
Häuser für die Amerikaner für längere Zeit räumen mussten.
In den Jahren danach, wurde Erzhausen wieder aufgebaut. Ende der Fünfziger,
Anfang der Sechziger, kamen die Vertriebenen nach Erzhausen, fanden hier
eine Wohnung, später einen Bauplatz und gründeten hier ihren
Lebensmittelpunkt. Seit über sechzig Jahren leben sie hier, haben Enkel und
Urenkel in Erzhausen und in ganz Deutschland verteilt. In den Sechzigern
kamen die Gastarbeiter aus der Türkei, aus Spanien oder Italien und fanden
hier ihr Zuhause.
Erzhausen ist eine Gemeinde, in der die Bürgerinnen und Bürger ihre Wurzeln
in vielen verschiedenen Ländern haben. Viele haben einen Flucht-Hintergrund
in ihrer Familiengeschichte. |
Dadurch gibt es in Erzhausen eine große
Offenheit und Hilfsbereitschaft gegenüber Menschen, die aus Krisengebieten
zu uns kommen. Das konnte man besonders nach dem völkerrechtswidrigen
Überfall Russlands in der Ukraine sehen. Es gab eine große Hilfsbereitschaft
und die Bereitschaft, Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Und, wie früher
auch, geben viele Flüchtlinge Erzhausen etwas zurück. Sie engagieren sich
bei der Beladung von Hilfstransporten in die Ukraine und arbeiten in
sozialen Einrichtungen. Diese Gegenseitigkeit und gegenseitige Akzeptanz ist
wichtig für eine funktionierende Gemeinschaft.
Aber zurück zum 8. Mai 1945. Der 8. Mai
ist auch der Tag, an dem wir der Opfer des zweiten Weltkrieges und der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gedenken. Wir bewahren ihre
Geschichte, sprechen darüber und versichern uns, aktiv gegen jede Form von
Extremismus, Ausgrenzung und Diskriminierung einzustehen. Wir haben den
Opfern gegenüber, ihren Nachkommen und unseren Kindern gegenüber die
Verantwortung, uns für Menschlichkeit, Respekt und Solidarität einzusetzen,
sie zu stärken und auszubauen. Wir haben die Verantwortung, uns für eine
bessere Zukunft einzusetzen.
Nach den schrecklichen Erfahrungen des Krieges entstand die Idee eines
geeinten Europas, das auf gemeinsamen Werten und einer engen Zusammenarbeit
basiert. Die Gründung der Europäischen Union war ein Schritt hin zu einer
friedlicheren, sichereren Zukunft für die europäischen Völker. Das vereinte
Europa hat uns viele Freiheiten gebracht. Die Reisefreiheit, die Freiheit,
in den EU-Ländern zu arbeiten, zu wohnen, die Ausbildung zu machen. Es hat
Handelsbarrieren abgebaut, eine einheitliche Währung und Wohlstand gebracht.
Jetzt steht Europa unter Druck, von innen und von außen. Darum ist es
wichtig, in der bevorstehenden Wahl am 9.6.2024, in einem Monat, die
demokratischen Prinzipien zu stärken und Ja zu einem starken Europa zu
sagen. Indem Sie, die Bürgerinnen und Bürger an der Wahl teilnehmen, tragen
sie zur Stärkung einer friedlichen und solidarischen Europäischen Union bei.
Gehen Sie zur Wahl und setzen Sie sich für ein starkes, freies,
solidarisches und demokratisches Europa ein. |
Auch Hans Schmidt
hielt eine kurze Ansprache. Mit dieser Gedenkveranstaltung soll auch
bewusst gemacht werden, dass die Zeit nach 1945 die längste
Friedensperiode in der Geschichte Deutschlands ist, dass dieser Friede
aber fragil ist und wir alles tun müssen, diesen Frieden zu
bewahren.
Der Chorleiter der Germania Eintracht
Wolfgang Demmel gab ein paar Erläuterungen
zu dem Gesangsvortrag, der nun beginnen sollte. Hier seine Ansprache:
Liebe Bürgerinnen und Bürger von Erzhausen,
Wir feiern heute den 79. Jahrestag der
Befreiung vom Nationalsozialismus, und ich bin dankbar, dass wir heute
diesen Feiertag mit unserem Gesang würdigen dürfen.
Unser Chor Germania Eintracht der
Sportvereinigung Erzhausen ist in diesem Jahr 149 Jahre und wir wollen im
nächsten Jahr das 150-jährige Bestehen des Chores feiern. Dazu wollen wir u.
a. am 25. Mai 2025 ein großes Jubiläumskonzert veranstalten, zu dem wir Sie
schon heute recht herzlich einladen möchten.
Für unser erstes Lied habe ich nach der
Melodie „Conquest of Paradise“ einen Text verfasst, der für alle eine
Mahnung und zum Nachdenken ist. Ich möchte Ihnen diesen Text vorlesen:
Ein Paradies könnt die Erde
sein,
voll Harmonie und voll Glück,
ein liebes Wort, wenn auch noch so klein,
ein Strahlen in deinem Blick.
Die Freiheit flöge von Ort zu Ort,
wenn Grenzen nicht mehr besteh´n,
der Friede pflanzt sich fort und fort,
wenn wir den anderen versteh´n.
Lasst Brücken uns bau´n,
Menschen vertrau´n,
Frieden bewahren! |
Nachdem der Chor gesungen hatte, begann das
Große Geläut
der Evangelischen Kirche für etwa 5 Minuten zu läuten:
Dann sangen alle gemeinsam das Lied „Die
Gedanken sind frei“
(Während der ursprüngliche Text wohl vor 1800 entstanden ist, gehen heutige
Fassungen
auf die 1842 durch August Heinrich
Hoffmann von Fallersleben geschaffene Version zurück.)
Diese Veranstaltung wird getragen durch (von
links):
Evangelische Kirchengemeinde (Pfarrer
Marcus-Stefan Großkopf),
Partnerschaftsverein (Hubertus Riedl),
Gemeinde Erzhausen (Bürgermeisterin Claudia Lange),
Ortskundlicher Arbeitskreis (Hans Schmidt) und
Katholische Kirchengemeinde (Pfarrvikar Elmar Jung): |
|