1. Juni 2025

Entpflichtungs-Gottesdienst

Pfarrerin Stefanie Stenzel
und
Pfarrer Marcus-Stefan Großkopf

Evangelische Kirche Erzhausen


 
Beide Pfarrer von Erzhausen gehen am
1. Juni 2025 gleichzeitig in den Ruhestand

Pfarrer Marcus-Stefan Großkopf war seit 22 Jahren Pfarrer in Erzhausen, Pfarrerin Stefanie Stenzel seit 12 Jahre. Jetzt gehen beide zur gleichen Zeit in den Ruhestand. Am Sonntag, dem 1. Juni 2025, wurden sie mit einem "Entpflichtungs-Gottesdienst" in der proppevollen Evangelischen Kirche von Erzhausen von Dekan Dr. Raimund Wirth, von Probst Stephan Arras, dem Kirchenvorstand der  Evangelischen Kirche Erzhausen und vielen, vielen Erzhäuser Bürgern in den Ruhestand verabschiedet.

Beide Pfarrer hielten während des Gottesdienstes eine Abschieds-Ansprache, in der sie jeweils ihren eigenen Weg beschrieben, der sie einst nach Erzhausen geführt hatte.

Probst Stephan Arras würdigte beide Pfarrer in seiner Laudatio für ihre engagierte, langjährige Arbeit in Erzhausen und erteilte ihnen die „Entpflichtung mit Segenszuspruch“. Die Entpflichtung ist ein liturgischer Akt, bei dem der oder die Pfarrer:in von den dienstlichen Aufgaben entbunden wird. Der anschließende Segen soll den Übergang in den Ruhestand geistlich begleiten und stärken.

Probst Stephan Arras betonte, dass evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer auch nach ihrer Versetzung in den Ruhestand weiterhin kirchliche Arbeiten verrichten dürfen, z. B. Gottesdienste halten, Taufen, Trauungen und Beerdigungen durchführen und Seelsorge leisten.

Die Mitglieder des Kirchenvorstandes hatten ein ganz besonderes Abschiedslied komponiert und gedichtet, das sie den beiden Pfarrern am Ende des Gottesdienstes sangen.

Danach begleiteten Dekan Dr. Raimund Wirth, Probst Stephan Arras und der Kirchenvorstand beide Pfarrer aus der Kirche heraus.

Im Vorraum zum kleinen Kirchsaal traf man sich dann wieder zu einem kleinen Glas Sekt. Von der Zweiten Vorsitzenden des Kirchenvorstandes Ela Niemuth, Bürgermeisterin Claudia Lange, der Feuerwehr und einigen anderen wurden Ansprachen gehalten, Geschenke übergeben und manchmal musste auch die eine oder andere Träne weggewischt werden.

 
Artikel im Darmstädter Echo vom 30. Mai 2025
 
Artikel im Erzhäuser Anzeiger vom 5. Juni 2025
 
Artikel im Erzhäuser Anzeiger vom 5. Juni 2025
 

Am Sonntag, dem 1. Juni 2025 um kurz vor 14:30 Uhr
strahlte die Sonne auf unsere Evangelische Kirche:

Die kleine Kirche war "proppevoll":

Der Altar war sehr hübsch geschmückt:

Die Orgel spielte Berthold Wurzel. Er ist auch Organist in der
Heilig-Geist-Kirche in Arheilgen und in der Wixhäuser Kirche.
Zudem leitet er u. a. einen Kanmerchor und den ökumenischen Kirchenchor "InSpirit".

Kurz vor dem Beginn des Gottesdienstes:

Die beiden Pfarrer kommen in die Kirche, gefolgt von
Dekan Dr. Raimund Wirth, Probst Stephan Arras und dem Kirchenvorstand:


von links nach rechts:
Pfarrer Marcus-Stefan Großkopf,
Dekan Dr. Raimund Wirth,
Pfarrerin Stefanie Stenzel
und Probst Stephan Arras:

Auch die Empore war voll besetzt:

Pfarrerin Stefanie Stenzel bei ihrer Abschieds-Ansprache:

Pfarrerin Stephanie Stenzel   
Predigt kurz Eph. 3, 14-21 anl. Entpflichtung  am So. Exaudi, 01.06.2025

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und unserm Herrn Jesus Christus!

Liebe Gemeinde,

Gebet ist nicht alles, aber ohne Gebet ist alles nichts!

Ein Spruch, den ich vor Jahren mal aufgeschnappt habe - und der mich seitdem begleitet. Anfangs fand ich ihn einfach ganz originell, nach einigem Nachdenken auch treffend. Nur - etwas gut finden und dann auch tun, beherzigen, was mir einleuchtet - das sind ja bekanntlich zwei verschiedene Dinge.

Und so bin ich eigentlich immer noch dabei, täglich aufs Neue zu entdecken und zu lernen, wie ich mir das zu eigen mache und lebe - in meinem Alltag:

dass Gebet keine Zeitverschwendung ist. Es ist auch nicht alles, aber ohne Gebet ist alles nichts!

Ich möchte ein bisschen erzählen von meiner persönlichen Entdeckungsreise in Sachen Gebet, bevor wir später den Predigttext hören. Ein paar Stationen:

In meiner Jugendzeit (16 etwa), lernte ich eine Gemeinschaft von Christen kennen, in der man sich mit Gott ganz anders unterhielt   als ich das so kannte aus KU: Da gab es das Vater unser .... und fertig. In dieser Gemeinschaft war das anders: Da redeten sie mit Gott - so ganz persönlich und natürlich - und als wäre der wirklich da und würde zuhören .... und sogar willens und in der Lage sein, etwas zu bewegen!

Da tat sich für mich doch ein neuer Horizont auf! Meine Neugier war geweckt - weil diese Art des Umgangs mit Gott mir zeigte, man kann zu Gott anscheinend einen persönlichen Draht haben. Ihm sein Herz ausschütten - mit allem, was jetzt gerade aktuell ist: Glück, Begeisterung, Dankbarkeit, Bitten / Flehen, Angst, Zweifel und Klagen ..... alles!

Wie in den Psalmen, nur nicht so poetisch :)

Aber in der Erwartung, dass er zuhört.

Und als dann noch die eine oder andere mir wichtige Bitte erfüllt wurde, da wollte ich gerne mehr mit diesem Gott zu tun haben - glauben und beten! So fing es an.

Jetzt mache ich einen zeitlichen Sprung: Jahre später erlebte ich bei den verschiedenen Konfessionen wieder ganz andere Ausdrucksweisen, Gott zu begegnen: Bei den katholischen Geschwistern z.B. die eucharistische Anbetung -

stille Andacht vor der Hostie auf dem Altar.

In der orthodoxen Kirche - die ehrfürchtige Anbetung mittels der Ikonen. In Pfingstgemeinden wiederum (aber nicht nur dort) - das Singen oder Beten in einer geistgewirkten Sprache .... Ganz anders bei den Quäkern - das gemeinsame Beten im Schweigen. Wieder anders in Gemeinden aus einer anderen Kultur, der Karibik z.B., - in England und Jamaica hatte ich viel Gelegenheit

dazu - meine Güte, da wurde gebetet mit Temperament und Leidenschaft, mal jubelnd, mal unter Tränen....,   jedenfalls - mit ordentlich power!

Und ein letztes Beispiel: moderne ökumenische Gebetshäuser wie in Augsburg, wo relativ junge Leute rund um die Uhr beten, in Schichten eingeteilt, Anbetung, Dank, Fürbitte für Krisengebiete, In der Stille, mit Worten, mit Musik..... Tag und Nacht!

Alles in allem durfte ich eine unglaubliche Vielfalt kennenlernen, wie Gläubige mit Gott in Kontakt treten! Und natürlich habe ich in diesen sehr verschiedenen Gemeinden manches anfangs eher befremdet oder kritisch beäugt.... bis ich so allmählich den Sinn verstand - und warum die anderen so beten wie sie beten.

Und immer wieder den Eindruck gewann: Da ist eine Verbundenheit. Hier ist ein- und derselbe Geist unter uns! Das spürt man! Die eine Mitte, Jesus Christus!

Ein letzter Sprung:

Der Pfarrdienst bringt es ja mit sich, dass man da auch mit Gebet zu tun hat. In Gottesdiensten, Andachten, Hausbesuchen .... Und bei manchen solcher Besuche habe ich nicht schlecht gestaunt: Da erzählt ein älterer Herr, ehemals Fernfahrer, wie oft er am Steuer in brenzligen Momenten: das VATER UNSER gebetet hat! Und dankbar war, wenn alles gut ging. Oder im Trauergespräch erzählt der Ehemann der Verstorbenen beiläufig:

„Gebetet hat sie, jaja.....“ Er gibt mir ihr Tagebuch, soll ich mal lesen..... Also lese ich - und bin sehr bewegt, wieviel es dieser Frau bedeutet hat, jeden Abend vor dem Einschlafen das VATER UNSER zu beten!

Das Vater unser, von dem ich einst in meinem jugendlichen Hochmut ja dachte:

„Das ist ja nur ein Ritual, man plappert das so mit.“ Wie sehr man sich irren kann..... wieder eine kleine Horizonterweiterung: Auch traditionelle Ritualgebete haben durchaus ihren Sinn und Wert, können tiefen Trost geben, Glauben stärken! Und das VU als Gebet Jesu allzumal! Zurück zum Anfang:      Gebet ist nicht alles, aber ohne Gebet ist alles nichts! Mein Eindruck: Auf vielerlei Weise scheint das für viele Menschen stimmig! Und dass in dieser Gemeinde hier viel gebetet wurde und wird, das hab` ich sehr zu schätzen gewusst und dafür bin ich sehr dankbar!

Und wie ist das, wenn man ganz gut ohne Beten klar kommt? Kein Bedarf....? Muss man überhaupt beten, womöglich viel? Nein, muss man nicht. ABER - ich möchten es mal so sagen und nähere mich nun dem Predigttext: Wovon das Herz ergriffen ist, dem wendet es sich zu. Wenn das Herz sich nach Gott sehnt oder von ihm fasziniert ist - oder von Gott etwas erwartet, dann sucht es Seine Nähe, dann will es Gott nahe sein - schweigend, singend, mit Worten, wie auch immer.... aber Ihm zugewandt!

Der Predigttext für heute ist ein Gebet.
Und verrät uns etwas darüber, wo Gott wohnt - oder wohnen möchte.

 Predigttext nach der Neuen Genfer Übersetzung: Eph. 3, 14-21 NGÜ
Die Liebe von Christus in ihrem ganzen Umfang kennen lernen: ein Gebet

14 Noch einmal: Wenn ich mir das alles vor Augen halte, kann ich nicht anders, als anbetend vor dem Vater niederzuknien.

15 Er, dem jedes Geschöpf im Himmel und auf der Erde sein Dasein verdankt 16 und der unerschöpflich reich ist an Macht und Herrlichkeit, gebe euch durch seinen Geist innere Kraft und Stärke.

17 Es ist mein Gebet, dass Christus aufgrund des Glaubens in euren Herzen wohnt und dass euer Leben in der Liebe verwurzelt und auf das Fundament der Liebe gegründet ist.

18 Das wird euch dazu befähigen, zusammen mit allen anderen, die zu Gottes heiligem Volk gehören, die Liebe Christi in allen ihren Dimensionen zu erfassen – in ihrer Breite, in ihrer Länge, in ihrer Höhe und in ihrer Tiefe.

19 Ja, ich bete darum, dass ihr seine Liebe versteht, die doch weit über alles Verstehen hinausreicht, und dass ihr auf diese Weise mehr und mehr mit der ganzen Fülle des Lebens erfüllt werdet, das bei Gott zu finden ist.

20 Ihm, der mit seiner unerschöpflichen Kraft in uns am Werk ist und unendlich viel mehr zu tun vermag, als wir erbitten oder begreifen können, 21 ihm gebührt durch Jesus Christus die Ehre in der Gemeinde von Generation zu Generation und für immer und ewig. Amen.

 

Pfarrer Pfarrer Marcus-Stefan Großkopf bei seiner Abschieds-Ansprache:

 

Predigt von Pfarrer Marcus-Stefan Großkopf
Eph. 3, 14-21 anlässlich der Entpflichtung  am Sonntag, 01.06.2025

 

Liebe Gemeinde,

Eine Gottesdienstmitfeiernde im Zentrum Wohnen und Pflege im Mai sagte mir: Sie freue sich, dass sie in jedem Gottesdienst auf der Orgelempore den Vers stehen sieht:

Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Joh 14,6!

Sie fühlt sich angesprochen. Es bringt etwas in ihrem Herzen zum Schwingen. Der Weg, die Wahrheit und das Leben ist eine Person. Und diese findet sie und nicht nur sie - in Jesus Christus.  In Jesus Christus wird Gott für uns erfahrbar. Leibhaftig erfahrbar.

I.CH BIN für Dich da: DER WEG ZU MIR zurück

I.CH BIN DER WEG zu dir selbst und

I.CH BIN DER WEG zu deinem Mitmenschen, auf dass er dir zum Nächsten werden möge. Was für eine Botschaft in diesem Satz - gut lesbar auf der Orgelempore - für jeden, der hier eintritt. Eine Einladung dieses Angebot Gottes im Herzen wirken zu lassen. Dieses: I.CH BIN da - für Dich.

Und das ist nur einer der 14 Bibelworte - die Mose, Jesus Christus, den 11 Aposteln und Paulus zugeordnet sind.            

Das fasziniert mich an dieser alten Kirche. Und diese Begeisterung spüre ich in der Gottesdienstbesucherin.

Da gibt es in unserer Kirche noch mehr zu entdecken.

Betrachten Sie die Symmetrie der Kirche. Wir lieben es exakt, makellos und perfekt. Wir lieben es, wenn alles passt. Der Altar steht wohl in der Mitte. Das Kreuz mit dem Kruzifix und das Parament lassen sich auf dem Altar entsprechend mittig ausrichten. Mit dem Oster-Kreuz geht das überhaupt nicht. Der tragende Pfosten der Empore ist leicht versetzt. Und die Orgel darüber um ein weiteres kleines Stück. Wie man es auch ausrichtet, man bekommt keine vollkommene Mittelachse hin.

Hinzu kommt noch zu allem Überfluss: der Mittelgang ist nicht wirklich in der Mitte. Die Bankreihen auf der Seite mit dem Taufstein bieten weniger Sitzgelegenheiten als diejenigen auf der Kanzelseite.

Das alles zusammengenommen ist nicht perfekt, aber so herzerfrischend natürlich und schön. Und das strahlt die Kirche aus. So ist das Leben. Das macht die Einzigartigkeit unseres Lebens aus. In den seltensten Fällen gibt es den schnurgeraden und vollkommen ausbalancierten Lebensweg. Ist das nicht wunderbar und auch entlastend? Bei allen Versuchen, den Menschen zu normieren, zu zertifizieren und sich selbst zu optimieren - es gelingt irgendwie nicht wirklich.

Die Kirche hat zudem eine besondere Botschaft an uns. Eine Botschaft, die ihr mit ihrer Erbauung mitgegeben wurde. Und diese zieht sich wie ein roter Faden durch alle Jahrhunderte hindurch.

Unsere Kirche stammt aus karolingischer Zeit.

Zu den anlässlich der Verputzarbeiten im Innern der Kirche 2003 zu Tage getretenen historischen Befunde lässt sich zusammenfassend sagen: „Die archivarisch und archäologisch belegte Kapelle des 9. Jahrhunderts ist im aufgehenden Mauerwerk der West- und Nordwand im Sockelbereich bis zu einer Höhe von 60 – 80 cm nachweisbar. In den freiliegenden Mauerabschnitten lässt sich eine klare Baunaht ablesen. Die Südostecke der südlichen Kirchenschiffwand zeigt ebenfalls Reste des frühen Mauerwerks ...

Seit mehr als 1100 Jahren wird hier gebetet. Gott in der Mitte Seiner Gemeinde gefeiert. Der HERR, der I.CH BIN, in diesem Haus auf-gesucht. Menschen haben erlebt, wie Gott in ihrem Leben und im Leben anderer Segensspuren hinterlässt. Wie ER sie in leidvollen Zeiten durchgetragen und sie IHN dann auch nicht aufgegeben haben, als Gott mit ihnen andere Wege ging, als sie es erwartet hatten und manche Fragen offengeblieben sind. Diese Kirche ist ein bebeteter und umbeteter Raum über all die Jahrhunderte hinweg gewesen. Und das spürt man der Kirche ab.

Und sie wird mit dem Kloster Lorsch in Verbindung gebracht. Sie ist eine St. Nazarius-Kirche. Das Kloster Lorsch wurde 764 gegründet. Es erhielt am 11. Juli 765 die Reliquien des römischen Heiligen - Nazarius. Wohl schon 772 übertrug der Abt das Kloster dem Frankenkönig und späteren Kaiser Karl dem Großen. Dieser stellte es unter seinen Schutz und gewährte ihm freie Abtwahl und Immunität. Das zum Königskloster aufgestiegene Kloster spielte in der Politik Karls des Großen eine bedeutende Rolle.

Das Kloster hatte einen vierfachen Dienst zu erfüllen. Die vielleicht wichtigste Aufgabe war dabei das ständige Gebet. „Schon Karls Vater Pippin war das permanente Gebet ein Anliegen … (S. Lex Salica) … So forderte Karl … die Mönche (des Klosters) ausdrücklich dazu auf, für ihn und seine Familie sowie für das Volk der Franken zu beten.

In Lorsch hören wir von der Verpflichtung der Mönche zum ständigen, immerwährenden Gebet.

Vielleicht ist während der Jahrhunderte das Wissen um den Gebetsauftrag des Klosters Lorsch in Erzhausen eingeschlafen. Aber die Erzhäuser fühlten sich in den 20er Jahren des 16. Jahrhunderts mit der geistlichen Betreuung sehr vernachlässigt. So setzten sie sich beim Landgrafen dafür ein, dass er sich um die geistliche Versorgung kümmern möge. 1532 wurde die Reformation in Erzhausen eingeführt.  

Die Erinnerung an das ständige, immerwährende Gebet, tauchte dann im 18. Jahrhundert wieder auf. Auf der Empore lesen wir: Betet ohne Unterlass. 1 Thess 5,17.

Betet ohne Unterlass” lässt an den Pietismus mit seiner Betonung auf eine persönliche Beziehung zu dem einen lebendigen Gott erinnern.

1675 veröffentlichte der Frankfurter Theologe Philipp Jacob Spener die Pia Disderia” (Fromme Wünsche). Darin prangerte er die Missstände in der Kirche an und schlug ein Reformprogramm vor.

Dazu gehörte 2. Aufrichtung und fleißige Übung des geistlichen Priestertums” Die Gemeindeglieder sollten im Glauben gestärkt werden. Jeder Christ sollte in der Lage sein, die Bibel auszulegen.

3. Den Leuten fleißig einzubilden, dass Christentum nicht im Wissen bestehe, sondern in der Praxis.” D.h.: aus der persönlichen Beziehung zu Gott und Liebe zu IHM - sein Leben nach IHS auszurichten.

In den Anfangsjahren in Erzhausen wurde mir hin und wieder ein “Handbuch zum Gebet”, verfasst von Johann Friedrich Strack, gegeben. Dieses Handbuch fand weite Verbreitung und erlebte viele Auflagen.

Im Täglichen Handbuch in guten und bösen Tagen in der Ausgabe 1734 schreibt Strack: Das Beten eines wahren Christ tägliche, ja stündliche Arbeit seyn solle, lehret uns Paulus, wenn er spricht: Betet ohn Unterlaß/   1 Thess 5,17…”.

Unsere Emporen wurden zwischen 1742 und 1744 eingebaut. Die Emporenfelder wurden ausgestaltet. Auf der Orgelempore lesen wir diesen Vers: Betet ohne Unterlass. Interessant finde ich diese Nähe zu Pfarrer Johann Friedrich Strack’s Handbuch des Gebets.

Die Zusammenstellung der Bibelworte lassen ein wohldurchdachtes Konzept erkennen. Eine Art Kleiner Katechismus. Wenn man diese Worte im Herzen immer wieder bewegt und danach lebt, baut man sein Lebenshaus auf einem tragfähigen Fundament. 

In späteren Ausgaben - 20. Auflage - fand ich diesen Vers aus dem Brief des Paulus nicht, wohl aber Ps 27,8: Mein Herz hält dir dein Wort vor: Ihr sollt mein Antlitz suchen.” Darum suche ich auch, HERR, dein Antlitz.

Welcher Psalm ist diesem Sonntag Exaudi zugeordnet? Psalm 27. Der Name dieses Sonntags leitet sich vom Vers 7 ab: “HERR, höre meine Stimme …” Und dann folgt — Mein Herz hält dir dein Wort vor: Ihr sollt mein Antlitz suchen.”

Zufall? Da hat Gott Humor uns auf diese Weise Sein Anliegen wieder in Erinnerung zu bringen.

Der Beter: Ich habe mir Dein Wort zu Herzen genommen: Du sollst mein Antlitz suchen.” Darum suche ich auch, HERR, die Begegnung mit Dir. Ich suche Deine Gegenwart. Im Blick- und Hörkontakt. Ich suche dich nicht nur im Gottesdienst, ich suche dich täglich, jede Stunde, mit jedem Atemzug meines Lebens, - in allem -, denn Du bist bei mir.

Darum geht es in unserem Predigttext: durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen stark werden, dass Christus durch den Glauben in unseren Herzen wohne und wir in der Liebe (Gottes) festgewurzelt und gegründet werden.”

Dass wir Liebende werden, wie Gott es ist, wie wir es in Jesus Christus sehen. Der Ewige hat es uns vorgelebt und durch IHN, Jesus Christus, erleben, erfahren und fühlen wir auch Seine Liebe an uns und in uns leibhaftig mit Herz und Verstand und mit allen Sinnen. Und Seine Liebe wird so in uns zur Quelle - überfließend zum ewigen Leben.

Mit den Worten Petrus klingt das so: Euer Anliegen sei der verborgene Mensch des Herzens in dem unvergänglichen Wesen des sanftmütigen und stillen Geistes. Das ist köstlich vor Gott.” 1 Petr 3, 3-4              

Der inwendige Mensch ist der verborgene Mensch des Herzens. Das Herz ist der Ort” der Gottesbegegnung und der wahren Gottesverehrung. Es ist Christus in uns” - eingetaucht in dem unvergänglichen Wesen des sanftmütigen und stillen Geistes.

Betet ohne Unterlass - das immerwährende Gebet - das Gebet des Herzens - Es ist ein auf Gott hin ausgerichtetes Leben. Es ist der Weg, um in die Freundschaft mit Gott hineinzuwachsen. Den Augenblick leben in der Offenheit für Sein Reden, Wirken, für Seine Sicht der Dinge und für Seine Berührungen… Denn in Ihm leben, bewegen und sind wir.

"Betet ohne Unterlass!"

In der Verbundenheit mit Gott mit einem weiten Blickfeld leben - im Schauen auf IHS und mit einem segnenden Herzen den anderen sehen. Ein Teil unserer selbst soll inmitten aller Geschehnisse im wachsamen und segnenden Gebet bleiben, dass wir lernen, in allen Begegnungen und Begebenheiten mit den Augen des Herzens zu sehen und mit dem Herzen zu verstehen und entsprechend zu reden und zu handeln. Jesus lehrt seine Schüler: »Bleibt in mir!« (Joh 15,4). Es bedeutet, fragend und erspürend bleiben: »Was willst du mir sagen, zeigen …« und die Dinge im Dialog mit Gott leben. Das wird vieles klären.

Über manchem Ereignis werden wir die Mahnung hören: "Mach das Wichtige nicht klein!", über anderem werden wir ein Lächeln sehen: "Lass gut sein. Es mag dich beschäftigen, aber es ist nicht wichtig."

Und durch das Wirken des Heiligen Geistes in uns und das Gegründet- und Verwurzelt-werden in der Liebe Christi hilft uns in den Unwägbarkeiten und Stürmen der heutigen Zeit Hoffnung und Zuversicht zu bewahren und für unseren Nächsten, für unsere Regierung und Entscheidungstragenden in Politik, Wirtschaft, Kultur, Bildung und Soziales vor Gott einzutreten. Gemeinsam, hier in der Kirche, in den Häusern und einzeln.

Und der Friede Gottes, der unser Denken und Verstehen bei weitem
übersteigt, behüte und bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.

 

Probst Stephan Arras bei seiner Laudatio für die beiden Pfarrer:

„Im Namen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau entbinde ich Sie von Ihren pfarramtlichen Aufgaben und spreche Ihnen den Segen Gottes zu für Ihren weiteren Lebensweg.“

„Im Namen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau entbinde ich Sie von Ihren pfarramtlichen Aufgaben und spreche Ihnen den Segen Gottes zu für Ihren weiteren Lebensweg.“

Der Kirchenvorstand singt den beiden Pfarrern ein Ständchen:

Abschlussansprache von Dekan Dr. Raimund Wirth:

Die beiden Pfarrer werden vom Kirchenvorstand,
dem Dekan und dem Probst aus der Kirche hinausgeleitet:

Ansprache von Ela Niemuth, zweite Vorsitzende des Kirchenvorstandes:

Ansprache von unserer Bürgermeisterin Claudia Lange:

Die Freiwillige Feuerwehr Erzhausen gartulierte den
beiden Pfarrern mit einem Geschenk zum Ruhestand:

 
 
 
 
Danke für Ihren treuen Dienst – möge Sie auch in Zukunft Gottes Geist begleiten. Für Ihren Ruhestand wünschen wir Ihnen Gottes reichen Segen, Gesundheit und erfüllende neue Wege. Möge der Ruhestand Ihnen Ruhe, Freude und viele gesegnete Momente schenken.
 

Der Entpflichtungs-Gottesdienst fand am 1. Juni 2025 statt, schon am 25. Juni 2025
erschien im Darmstädter Echo ein weiterer Artikel von Marco Trotta zu diesem Thema: